Die Heimat der Riesen – Norwegens Jotunheimen

Schon lange träumten wir Sommerkinder davon, eine skandinavische Tour ins Trailrunning Programm aufzunehmen. Die nordischen Landschaften bieten ganz andere Eindrücke. Leider blieb es uns, zumindest für 2020 und dann noch 2021, vergönnt die geplanten Touren für Schweden und Finnland mit Gästen durchzuführen.

Damals keimte der lang gehegte Gedanke an Norwegen wieder auf, als die großen Wettkampfreisen für Sommer 2020 ausfielen. Ein passendes Zeitfenster für uns, um diesen Traum nachzugehen. Der Tourismusverbund des Jotunheimen Nationalpark stellte zur gleichen Zeit die Anfrage, ob wir denn Interesse daran hätten das touristische Trailrunning nach Norwegen zu bringen. Gedankenübertragung! – dachten wir und machten uns sofort auf die Reise.

Hochebene Valdresflye & Bygdinsee

Mit ca. 2 Stunden Flugzeit ist Oslo gut zu erreichen. Schnell ließen wir die Autobahnen hinter uns und tukkerten mit 80 km/h maximal erlaubter Geschwindigkeit vorbei an Wäldern, endlos langgezogen Seen und bezaubernden bunten norwegischen Holzhäusern. Nach 2,5 Std. kurz vor dem Ort Beitostølen läuft eine Elchkuh mit Kalb aus dem Wald heraus. Im leicht tippelnden Galopp überqueren beide die Straße und verschwinden wieder im Wald. Ich starre im Auto mit offenem Mund hinterher. Eine freilaufende Elchkuh mit Kalb. Krass! Das haben wir noch nie gesehen. 20 Minuten später halten wir am Fuße des Berges Bitihorn. Die Straße führt hier weiter durch die offene Gebirgslandschaft Valdresflye. Dieses baumlose Gebirgsplateu ist durchzogen von sanften Hügeln und Seen. Wilde Rentiere streifen hier über die Flächen. Dahinter befindet sich der Jotunheimen Nationalpark. Das Ziel unserer Erkundungstour.

Kurz danach erreichen wir unsere Unterkunft am Bygdinsee. Es ist eines der ersten Hotels in Norwegen. Ein nostalgisches Schmuckstück. 1912 für reiche Gesellschaften aus dem britischen Empire gebaut.

Das Hotel liegt ideal zwischen zwei Gipfeln. Perfekt für kleine Touren, um mit der Landschaft warm zu werden. Die Fluggesellschaft hat unser Gepäck vergessen. Große Touren können wir also erst mal nicht machen. Till geht auf den Rundkurs ums Bitihorn und ist ganz begeistert. Seine Bilder zeigen das ganze Ausmaß des Panoramas, welches ich von der anderen Seite unterhalb des Synshorn gesehen habe. Die Aussichten zeigen am Horizont die weißen Zipfel des Jotunheimen Gebirges. Die wilden Berge Norwegens. Gletscher, Grate, Gipfel und das nicht zu knapp. Mit seinen mehr als 200 Gipfel über 2.000 Metern ist Jotunheimen das insgesamt höchste Gebirgsareal Norwegens. Der Bygdinsee ist viel größer als er auf den ersten Blick scheint. Die Überfahrt mit der Fähre ans andere Ende nach Eidsbugarden dauert zwei Stunden. Zum Glück ist unser Gepäck nachgekommen, so dass wir auch in diesen Genuß kommen werden, bevor es morgen durch das „schwarze Tal“ an den Gjendesee geht.

Das schwarze Tal & die Bucht von Gjendebu

Mit der M/B Bitihorn schippern wir bei bestem Wetter zum ersten Ausstiegspunkt nach Torfinnsbu. Auch das Schiff gibt es seit 1912 und ist der ganze Stolz der Region. Diese Tagestour durch das Svartdalen – „schwarze Tal“ verläuft zwischen hohen Bergen, die zu den Top 20 der höchsten Berge Norwegens zählen. Aus den kleinen Gletschern in den Hängen schlängeln sich Rinnsale, die zum Fluss Trofinnsdøla werden. Dieser mündet mal in Seen, verliert sich zwischen den endlosen Steinfeldern und fließt dann weiter hinab Richtung Gjendesee, dem Ziel dieser Tour.

Geröllfelder lassen keine Langweile zwischen den gut laufbaren Passagen aufkommen und kleine Anhöhen bieten schöne Ausblicke auf die Strecke. Kurz vor dem steilen Abstieg eröffnet sich uns ein atemberaubendes Panorama auf den Gjendesee, dessen Flußmündungen und steilen Hänge. Im Hintergrund die Berge von Jotunheimen. Ein Anblick der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Besseggengrat & Bessheim

Das Gebiet auf der gegenüberliegenden Seite hat Till am Tag darauf erkundet. Der Trail führt entlang der Hochebene von Memurutunga bis zum Aussichtspunkt Sjugurstind. In alle Himmelsrichtungen fesselt einen die Perspektive und das beste kommt noch. Der Bergrücken von Besseggen gehört laut National Geographic zu den spannendsten Wanderungen weltweit. Auf dem dortigen Grat entsteht das äußerst beliebte Motiv vom Gjendesee und dem 500 hm höher liegenden See Bessvatnet. Gegenüber laden Knutshøe und Gjendehøe zu weiteren Erkundungstouren mit Blick auf die Memurugletscher ein. Die Tour endet direkt an unserer Unterkunft in Bessheim. Ebenfalls ein Hotel mit Tradition, welches seit Ende des 19 Jh. bereits in der vierten Generation familiengeführt wird.

Die schwarze Stabkirche von Borgund & die Bucht von Eidburgarden

Um den historischen Kulturwanderweg, den Königsweg – „Kongevegen“ noch zu sehen, lassen wir diesen Teil des Nationalparks hinter uns. Auf dem Königsweg war es im 18 Jh. erstmals möglich mit Pferd und Wagen vom Westen in den Osten des Landes zu reisen. Dort steht auch die 800 Jahre alte schwarze Stabkirche von Borgund. Ein wichtiges Symbol für die Christianisierung Norwegens.

Wir fahren 2 Stunden und machen einen kleinen Abstecher in die Bucht von Eidsbugarden. Der südwestlichen Seite von Jotunheimen. Während wir die selbstgemachten Zimtschnecken der dortigen Hüttenwirtin mampfen, genießen wir die heimelige Atmosphäre und sie erzählt uns von ihrer Studienzeit in Deutschland.

Unvergessliche Eindrücke

Für unsere letzten Erkundungstouren geht es weiter nach Filefjell. Die Trails starten direkt vor den Holzhütten unserer Unterkunft. Sie ziehen sich fluffig mit leichten Anstiegen durch kleine Birkenwälder. Die Wege oberhalb der Baumgrenze sind auf dem felsigen Untergrund gut laufbar. Es geht bis 1200 hm hinauf. Ein guter Ort, um sich von Norwegen zu verabschieden. Am Horizont thronen wieder die weißen Gipfel des Jotunheimen Gebirges. Uns ist klar, dass Norwegen eine der spannendsten Reisen im Sommerkind Programm werden wird. In jedem Fall wird es ein unvergessliches Erlebnis.

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